Es geht bei diesem Archiveintrag nicht darum, einen Funktionär aus der dritten Reihe unserer lieben Volkspartei an den Pranger zu stellen. Es geht darum, zu dokumentieren, wie in der "Partei der Macht" die Zugehörigkeit zu formalkatholischen und scheinbürgerlichen Milieus über die persönliche Moral sowie insbesondere die tatsächliche politische Einstellung und Aktivität gestellt wird. Deshalb nenne ich nicht den Namen des schwarzen Apparatschiks um den es geht. Führen wir ihn einfach als "Herr R."
Der Mitte der Siebzigerjahre geborene R. galt schon früh in seinem Heimatbundesland als politisches Nachwuchstalent. Den Einstieg in die Welt der schwarzen Machthaberer bot die Mitgliedschaft in einer nominell katholischen MKV Verbindung. In einem Alter, in dem andere mit dem Moped den Mädchen hintendreinfahren, verwendete R. seine Freizeit darauf, im Bierdunst auf der "Bude" mit Altmitgliedern Kontakte zu pflegen und als Aktivist im VP-Vorfeld auf sich aufmerksam zu machen. Für die ÖVP-eigene Schülerorganisation "Schülerunion" bekleidete er schließlich das Amt eines Landes- und Bundesschulsprechers sowie in der genannten Vorfeldorganisation bundesweite Spitzenfunktionen. Beinahe überflüssig zu erwähnen, daß dies für die Schülervertretung nicht Jahre der Widerspenstigkeit und Rebellion waren. Es herrschte unter R. früherwachsene angepaßte Professionalität.
Nach der Matura ging es nach Wien zum Studium. Mitgliedschaft im CV nur folgerichtig. Ebenso wie Spitzenfunktionen in der parteieigenen Studentenpartei "Aktionsgemeinschaft (AG)". Im Nachhinein wird klar, wofür das Regenbogen-Logo der Gruppierung tatsächlich steht. Aber davon weiter unten.
Die politische Ochsentour auf Hochschulboden absolviert, pfiff R., wie so manch anderer AG-Funktionär, auf das Abschließen seiner beiden Studienfächer. Wer braucht schon einen Abschluß, wenn man Freunde in den richtigen Positionen hat, mag sich R. gedacht haben. Wie auch immer, gelebt wurde jedenfalls nach diesem Motto.
An den de facto Abgang von der Uni mit AG-Diplom reihten sich unmittelbar Jobs als ÖVP-Parteiangestellter. Bei einem Journalismus-Institut der ÖVP, bei der "Politischen Akademie" und im Ministerium für "Umwelt, Jugend und Familie" unter Maria Rauch-Kallat (ÖVP). Nach einem kurzen Gastspiel in der Privatwirtschaft als kleiner Angestellter bei einem Telekommunikationsunternehmen folgte der bei anderen als R. mutige sowie risikoreiche Sprung in die Selbständigkeit.
R. gründete mit einem Lebenslaufzwilling eine Beratungsagentur, die sie bis dato betreiben. Die Agentur bietet ausschließlich Dienstleistungen im "Soft Skills"-Bereich, deren Wert für Außenstehende schwer nachzuvollziehen ist. Es werden Trainings, Moderationen und Organisationsentwicklungsconsulting verkauft. Marktwirtschaftliche Klienten findet man in der langen Kundenliste, so wie in R.'s Laufbahn als Angestellter, nur spärlich. Es dominieren öffentliche Träger aus der schwarzen Reichshälfte, so wie z.B. eine Untergruppe der Aktionsgmeinschaft, die Landeswirtschaftskammern, der Bauernbund, die bieder-katholizistische schwarze Vorarlberger Landesregierung und die Wiener ÖVP. Man kann ohne unfair zu sein feststellen, daß R. einer der vielen Consulter im ÖVP-Vorfeld ist, die mit öffentlichen Geldern durchgefüttert werden.
Doch wir wollen es jenen, die es sich gerichtet haben, nicht neiden. Hand aufs Herz, wer würde nach Absolvieren einer Ochsentour wie der R.'s nicht ordentlich abgreifen wollen? Schließlich darf Schüssels Tochter ja auch fürs Bundeskanzleramt Rhetoriktrainings zu Traumgagen abhalten, ohne jemals für die AG oder die Schülerunion gelaufen zu sein.
So weit, so normal bei der "Partei der Macht". Aus dem Rahmen fällt R. durch seine sexuelle Ausrichtung. Er outet sich selbst im öffentlichen Raum als homosexuell. Das ficht seine schwarzen Machthaberer nicht an. Und das ist gut so und definitv kein Skandal. Schließlich geht es eine Partei nichts an, was ihre Leute mit Erwachsenen treiben, wenn das Licht aus ist.
Doch R. beschränkt sich nicht auf das Ausleben seiner widernatürlichen psychosexuellen Störung. Er ist auch Homo-Lobbyist im Vorstand einer Vereinigung homo- und bisexueller Geschäftsleute. Die Frauen und sexuell gesunde Männer diskriminierende Organisation will "... ein starkes und dichtes Netzwerk - beruflich und gesellschaftlich ..." bilden. Die "... Gay Professionals ..." sind "... überparteilich, aber politisch engagiert ..." und "... treten für die rechtliche und gesellschaftliche Gleichstellung Homo- und Bisexueller in allen Lebensbereichen ein ...". Und auch das ficht weder in der Partei noch bei den Vorfeldorganisationen denen R. angehört (nota bene auch explizit den Begriff "katholisch" im Namen führende Studentenverbindungen) irgend jemanden an. Und das ist ein Skandal.
Jemand, der aktiv gegen die geltende Programmatik der Partei und die Glaubenslehre der römisch-katholischen Kirche arbeitet, wird bei der ÖVP bzw. sich als katholisch definierenden Verbänden gehalten und durchgefüttert, weil er im schwarzen formalkatholischen Milieu halt die richtigen Leute kennt. Was ist schon die Homoehe unter Amigos? Der Fall R. wirft ein Licht darauf, wie ehrlich z.B. die Anti-Homo Rhetorik eines gewissen verkrampft tirolistischen oberösterreichischen Niederländers ist. Da ist Gio Hahn schon ehrlicher. Er steht wenigstens öffentlich zur Homoehe. Es scheint nur eine Frage der Zeit bis R. in der Wiener Partei eine weitere Stufe nach oben fällt.